Strand

Der Dorfkrug von Kieserow hatte 20 Uhr Küchenschluss und langsam leerten sich die Tische.
Beim Reinkommen bestellten Erik und Siggi sie gleich doppelte Portion am Tresen, damit es schneller ging. Das erste Bier schütteten sie durstig auf Ex, für das zweite setzten sie sich an einen freien Tisch am Fenster.
„War heute in der Sportschule und hab zwei Kilo Räucheraal hingeschafft, Koch Tiedke hat ne Deli aus Schweden.“ sagte Siggi.
„ Wat hät dat bröcht? Tiedke künn mi ann Tübbel tuten. Schleimt bei seinen Chefs, damit er begnadigt wird und wat bliwt för uns öwer? “
„ Täuw man, Kiste Lübzer ümmer. Dellegassion kümmt mit Flaschengepäck ut Berlin. NLübzer künn ick gliek subben bi dee Plürre utn Kübel. Hafenbräu, dats n orrigen Nom för dat Tüch, smeckt as Jauche ut de Waanow.“ moserte Siggi.
„ Un süss?“ hakte Erik nach.
„ßwei Buddeln holländischen Gin, da ist die nächste Party in der Kantine gesichert. Hast du schon neue Büchsen gesichtet?“
„ Von dat Siffbier häw ick ok keen Kopp, doar gift dat gahns anneres. “, schnitt Erik ihm das Wort ab.
„ Jo, jo, jo, nu kümmt dat mitm PrimaSprit, wat Ji pur subben hät un een von Juch bleind worden dei, ick weit ick weit. Büstn orrigen Kierl dor boben und möts to mie runnekieken üm mie to sein.“
Der baumlange Siggi merkte zwar, dass Erik schlechte Laune hatte, nahm aber kein Blatt vor den Mund. Sie kannten sich lange genug und hatten laufende Meter ihre Bettgeschichten:
„Hast wohl schlechte Laune, weil du deinen Brummer heut nicht siehst. Hast auch schon mal hübschere Treffer gelandet.“
Erik schmunzelte und antwortete mit gespielter Resignation: „Sender Jerewan gibt bekannt: Die Partei- und Staatsführung hat festgestellt, dass im vergangenen Abrechnungsjahr nur 98 Prozent der Frauen im geschlechtsreifen Alter dem Beischlaf beigewohnt haben. Für dieses Jahr ist eine Steigerung um 10 Prozent befohlen. Mein Lieber, das ist ein hartes Ziel, da muss jeder mitanpacken.“
„Geschlechtsreife Frauen? Bist du da sicher bei deinem Brummer?“
„Spinnst du? Die ist weder minderjährig noch Oma, und ein Mann wohl auch nicht. Höchstens scharf wie ein RasierMesser.“ antwortete Erik süffisant und griff sich demonstrativ durch die Hose an seine Eier.
„In der Sportschule ist sie mir übern Weg gelaufen, in Trainingsklamotten, hab sie erst gar nicht erkannt. Könnt ich Hafenbräu mit Holländergin saufen, würd nich hübsch werden. Erst dacht ich, kommt ein Gewichtheber, aber Stummelschwänzel? Am Kopf meine ich, haha, erst da habe ich gesehen, dass sies ist. Büschn Frauentitte und breites Becken wie ne Frau, aber ein Paar Schenkel und ein Paar Arme un Krüz hättse asn Kierl. Ich hab da an die Pillen gedacht, weißt du, von denen man so hört, diese Kraftpillen mit Männerhormon, wenn die Weiber zu Männern werden.“ quasselte Siggi munter drauflos.
„Hast wohl wieder Science Fiction gelesen? Gibt was Neues von den Strugatzkis? Das mit Pillen, die aus Mädchen Jungs machen, ist zwar reine Spekulation, aber darum gehts ja bei Science fiction. Mal was anderes, nix von Weltraum oder Zeitreise. Kannst mir geben, les ich auch mal.“ lästerte Erik.
Siggi fühlte sich weiter angestachelt: „Von Berlin bin ich letztes Mal im Interzonenzug gesessen. Da hab ich die Sportseiten einer Westzeitung zerknüllt aus dem Mülleimer gefischt und hab die gelesen. Gefischt ist das richtige Wort, wir Fiskt in inwiggelt, da hat der Grenzer wohl nicht reinfassen wollen, hat mörderlich gestunken, wer mi mokt dat nix ut. Da stand nochmal ausführlich drin, wie die Deern umgekommen ist, was letztens schon mal im Westfernsehen kam. Seit die dood is, schieben die sich gegenseitig die Schuld in die Schuh, wer nicht aufgepasst hat. Die Deern hat Schmerzen im Rücken und ist zum Notarzt, ohne dem zu sagen, was sie sonst so alles einnimmt. Drüben geht das doch anders als bei uns, die legen Geld auf den Tisch und dann kriegen sie ihre Pillen in der Apotheke. Na jedenfalls der Arzt gibt ihr eine Spritze mit starkem Schmerzmittel und nächsten Tag isse dood, weil sich das alles zusammen nicht vertragen hat. Erst dann wurde festgestellt, was die für Sachen in sich reingeschluckt hat. Das Schlimmste waren Muskel-Pillen.“
„Da kannst du mal sehen, das haben sie hier wenigstens im Griff. Da steht der Arzt immer Gewehr bei Fuß, die haben einen ganzen Sportmedizinischen Dienst für sich, damit sie ihre lieben Sportler rund um die Uhr unter Kontrolle haben. Da geht alles seinen geregelten Gang. Von wegen Pillen selber einnehmen, hier passiert alles nach Plan und mit Kontrolle. Unser eingebildeter Doc schimpft doch nur über die Sportärzte. Der muss in der Poliklinik einen Dienst nach dem anderen schieben und hat kaum mal einen Tag Freizeit. Dabei ist der schon froh, dass er vom Krankenhaus weggekommen ist, der musste manchmal 2 oder sogar 3 Nächte am Stück im Krankenhaus schlafen. Die Sportärzte dagegen dürfen sich ein schönes Leben machen, fahren mit den Sportlern zu Weltmeisterschaften in den Westen und logieren in schönen Hotels. Wenn was passiert im Ausland, dürfen die vor Ort sowieso nicht mehr als ne elastische Binde wickeln, aber sie sind immer dabei.“ erwiderte Erik.
„Jedenfalls standen in dem Zeitungsartikel ein paar Nebenwirkungen von diesem Zeug, da wurde mir ganz schlecht (Oder doch vom Fischküt? Blödelte Erik Kommentare wie OTTOS MilzanGroßhirn.): Die Weiber werden zwar bullig und haben Kräfte wie ein Stier, (Nrichtiger Kerl braucht richtig was zwischen die Beine.) aber weil die Pillen eben Männerhormone enthalten, wirkt sich das auch sonstüberall aus, wo die Hormone wirken: (Besser Einparken?) Die Stimme wird tiefer, (Oh, TinaJanisIngaPatty, I love it.) sie kriegen mehr Haare an den Beinen und Armen (Is im Winter nich so kalt.) und auf dem Kopf werden die Haare immer dünner (Is im Sommer nich so heiß.). Die ganze Regelsache lässt nach, ist klar, hat man als Mann ja nicht (Die Woche Pause beim GV fällt weg?), in der Hose wächst sogar ein kleines Männchen (Könnense auch im Stehen pinkeln?). Zum Schluss schrieben sie noch, dass sie während der Einnahmedauer oft aggressiv sind und viel öfter Sex haben wollen als normal.“
Siggi unterbrach sich und nickte dem Kellner zu, der unaufgefordert neben ihm stand mit zwei vollen Biergläsern. Der brauchte nun wirklich nicht mithören.
Erik schlussfolgerte: „Wenn beim Mann zuhause nix mehr zum Stehen kommt, weil sie immer bulliger wird und er nicht drauf steht. Sie will aber und sogar öfter als sonst, da muss sie ja wütend und aggressiv werden. Wie nMann, wir wollen ja auch immer. Normalerwies. Normalerwies loten wi de Deern nich upsitten un denn is keen Pier mir dor.“
Siggi entrüstete sich: „Spanner!“
Erik kam eine Idee: „Was meinste, soll ich fragen, ob se mich mal verprügelt? Wär zwar ein ziemliches Risiko bei ihren Muckis aber auch ne ganz neue Erfahrung. Du müsstest natürlich in der Nähe sein, nich dats mi dotslägt.“
Erik schaute Siggi ausdruckslos an bis der das Lachen nicht mehr zurückhalten konnte und kopfschüttelnd laut losprustete.
„Warum willst du mir mein Vergnügen eigentlich vermiesen. Guck deine Hanna doch mal an: Was meinst du wohl, was der im Koppe rumgeht?“ „„Ich weiß schon, worauf die hinauswillst und ich weiß, worauf Hanna aus ist. Bin ja nicht blöd, sie hats ja auch schon gesagt: Will endlich weg ausm Dorf in die Stadt ziehn, inne Dreizimmerneubauwohnung mit Fernheizung und nKind willse und nich mehr in der Küche arbeiten. Naja, mit mir nich, kannste dir ja denken.““ „Vergiss den Gummi nicht, wenn du zur Frau gehst! Nimm liebers ßwei.“ „„Kann dir ja nicht passieren, dein Brummer nimmt ja Kraftpillen.““ „Ach weißdu, solche wie die Hanna, die haben doch nichts Besonderes. Carla dagegen, hui hui hui. Mein lieber Herr Gesangverein. Das kriegt man nicht alle Tage geboten.“ „„Da bin ich aber neugierig: Was soll das denn sein?““ „Hanna will was von dir, Carla will was für sich. Carla will Erfüllung auf Deubelkommheraus, genau denn, wenn du mit ihr zusammen bist, die nimmt dir alles dabei. Zur rechten Zeit am rechten Ort und du sitzt mit im Wagen. Am Ende der Reise steigst du wieder aus und das wars.“„„Wenn du dich da mal nicht irrst.““ „Quatsch, du siehst schwarz, was soll schon passieren.“ „„Aber du weißt ganz genau, dass die Spitzensportlerinnen alle überwacht werden, denk an die Disco letztens, als die eingesammelt wurden.““ „Und wenn schon, kommt die Westeule, kommt die Sporteule, kommt Erikaeule, kommt die nächste. War immer so. Spaß muss sein“ „„Für mich wär das keiner. Steh nich auf Muskelberge.““ „Du hast die T vergessen.“ „„Was für Tee denn, hastn Qizmaster verschluckt?““ „StehT nichT, EEER steht nicht!“ „„ schewoll““ und beide lachten herzhaft.

Beim Studium seines Bierdeckels stellte Erik fest, dass es immerhin das fünfte vom Abwaschwasserbier war. Ein paar Minuten später spähte er durchs Fenster auf die Straße. Irgendetwas kam ihm bekannt vor. Er stand auf, murmelte zu Siggi KloundfrischeLuft und ging hinaus. Als er auf die Straße trat, wollte Carla gerade eintreten.
„Du hier?“
„Hab dich gesucht. Entschuldige, dass ich dich auf dem Platz so angebrüllt habe. Ich war nicht so gut drauf.“
Überrascht und erfreut über die Reue betrachtete Erik sie genauer. Im Neonlicht der Peitschenlampe am Eingang leuchteten ihre schmalen Lippen rot vom Lippenstift, ihre Wangen und ihr Kinn schimmerten glatt gecremt und ihre rehscheubraunen Augen plinkerten verführerisch durch die geschwärzte Augenwimperngardine. Ein feines Goldkettchen glitzerte um den Hals, am rechten Unterarm war ein Goldreif aufs Handgelenk heruntergerutscht und links trug sie ihre Uhr am Goldgliederarmband.
Sie fasste sich verlegen an ihren hochgebunden Pferdeschwanz, wobei ihr Bizepsei aus dem kurzen Blusenärmel kickte. Sie trug die kragenlos weiße Bluse und den straffgespannten Rock wie bei ihrem ersten Tanz.
Erik war behaglich ausgefüllt von Zuneigung und sicherer, aber todsicherer Erwartung und in seiner Vorstellung lief der Film von ihrem geöffneten schmetterlingsfledermausweiten Schamlippenfalterflügeln und ihrem abgesägtvorstehenden Kanonenrohrkitzlerstumpf (schlagartig waren alle Muskeln hinterm Hosenstall angespannt und das Kribbeln auf der Spitze ging zum beständigen Surren über): „Schon vergessen. Siehst klasse aus.“
Sie fixierte ihn mitten in die Augen und er musste das aushalten. Ihre Strahlen schlugen wie Blitzschlag in die Pupillen ein und durch bis ins Herzinnere seiner Gonaden. Carla stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf die Wange: „Wirklich wieder gut? Gehen wir rein?“
Schnell antwortete er: „Lieber nicht, mein Kollege ist drin, der wollte Männerabend machen, aber reicht jetzt auch. Ich sag schnell Tschüss.“

Erik ging mit Carla Arm in Arm durch die Dunkelheit zum Strand. MondundSterne wurden unterwegs durch die Kiefern mal angeknippst und mal ausgeschaltet. Am Strand im hellen Sand ohne Kiefern blieben MondundSterne auf DauerSchummerlicht. Erik suchte eine Strandburg aus, deren Erbauer den Rand mit Schwemmholz erhöht hatten.
Die Kühle des ausklingenden Tages bekämpften sie mit Aufheizen. Wellenrollenrauschen war die Untermalung zu ihren Liebkosungen. Gelutschtgeknutschtgesaugt drehte er sich auf den Rücken und griff nicht mehr ein. Mit der Hand spielte sie mit seinem Stiel und mit Zunge, Lippen, Nase und Kinn rubbelte sie über seine Brust.
Erik rieb ihren weißen Nackenfelsenblusenstoff und schaute in den schwarzsilbergoldgepunkteten Nachthimmel. Zwischen den Wolken, die vom auffrischenden Nachtwind übers offene Meer getrieben wurden, sah er Bruchstücke der Sternbilder, die er nicht kannte. Ein heller Wolkenfetzen über ihm und ein weißer BlusenStoffteich unter ihm und schon wieder ein stairway to haven, Ende einer Tagesreise? Entferntes Möwengekreisch trieben zu Trakl: Über den weißen Weiher/ Sind die wilden Vögel fortgezogen./Am Abend weht von unseren Sternen ein eisiger Wind.
Die Ferne dieser kleinen silbergoldenen Sternenpünktchen verschwamm mit der Nähe des goldenen Kettchens um Carlas MuskelNackenHals, mit dem er seine Finger umwickelte. Wurde sein Knüppel von einem Krüppel (weibliche Form KRüPPELIN?, oder eher KRüPPELFRAU zu Krüppelmann, den es nicht gibt, Duden!, aber Trümmerfrau zu Trümmermann, den es nicht gibt, oder SieMann oder ErFrau?) massiert?
Bei der abgedunkelten Weite des Himmels, in der Nacht, auf dem Rücken liegend, wenn seine Flamme ihm VerlangenGierLustBegierdeGeilheitBegehren an der intimsten Stelle auf den Gipfel trieb, wie konnte er da anders, als alles andere loslassen, zurückdrängen, unterdrücken, begraben: Streit und Siggi und Erika und Lager und Bier und Paul und Fisch und Speer und Spiele und Frau oder Mann.
Über unsere Gräber/Beugt sich die zerbrochene Stirne der Nacht./Unter Eichen schaukeln wir auf einem silbernen Kahn.
Es war so leicht und einfach hinaufzukommen, er hatte keine Ahnung, wie sie es geschafft hatte. Der Strand und die Vögel, die Kette und der Trakl, Gold und Silber, Kiefern und Eichen, Kahn und Wellen, Nachthimmel und Mitternacht, Siebruder und Erhand.
Es war kein Erregungs8000er, den er hinaufsteigen musste, um auf der anderen Seite den Hang des SchüttelOrgasmus hinabzurutschen. Es war nur ein kleines BuckelchenPickelchenHügelchenAnhöhchen, auf den sie ihn mit Leichtigkeit hinaufwirbelte.
Er hob wunderbar ab, die Knie gingen hoch, der Kopf krümmte den Hals ein, der Brustkorb stauchte die Bauchtrommel zusammen und die Schulterblätter schwebten aufgewirbelt über den Sandwellen: durchgeschüttelt zervibriert wirbelzuckend krümmendzittrig quollspritzsamte er durch ihre Handhülse auf seinen Bauch. Als er am Versiegen war, legte sie ihr Kinn auf seine EichenEichel und schaukelte seinen Kahn mit ihrer weichen Bürste einen tausendstel Takt schneller als sein abklingender Rhythmus vorgab. Immer klingen die weißen Mauern der Stadt./Unter Dornenbogen/O mein Bruder klimmen wir blinde Zeiger gen Mitternacht.
Dann hatte sie seine oder er ihre Frequenz aufgenommen (IMMER KLINGEN DIE WEISSEN MAUERN DER STADT) und keiner wollte hinterher oder voraus sein, alles wollte im Gleichklang bleiben, es war die Vollkommenheit im Gleichmaß zu schaukeln.
Als sie seinen Stoßrhythmus aus dem Samenschlauch resonierte, kitzelte sie auf seinem Bändchen und seinem Eichelrand und O MEIN BRUDER, IMMER PUMPTEN DIE HODEN SCHLACKE DURCHS ROHR.
Wie eine unsichtbare Nadel immer tiefer in seine Hodenherzen piekbohrte und der Schleim durch die Eingeweide austrieb bis die Nadel zur Baggerschaufel mit den RiesenZackenZähnen anwuchs und am Grund der Hoden einfach nur wehtat, kratzte, schürfte, schmerzte und die Eierkugelnüsse zu bersten drohten, als ob WeihnachtsBaumKugeln auf einem FliesenKachelSteinBetonGranitBoden aufschlugen und in tausend Einzelteile zersprangen.
Carla am schwärzlichten Strand, die Eriks Frequenz angetrieben hat bis die wilden Vögel zum zweiten Mal über den weißen Weiher davonflogen.
Diese Strandnummer mit Carla hatte sich unvergesslich eingebrannt verewigt im Walhalla seiner Fickzelluloids. Als Zusammentreffen von aufkratzendem Kinne im Takt und zerbrochener Stirne der Nacht.

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